Herne schrieb:
Wer fährt Reifen ohne Luft und wie ist die Erfahrung?
Voraussetzung sind tubeless-geeignete Felgen und Reifen.
Wie geht dass? Ganz einfach:
- Rad demontieren; Reifen, Schlauch und Felgenband entfernen
- Felge innen säubern (Bremsenreiniger, Alkohol, ....)
- Tubeless-Felgenband mit der für die Felge passenden Breite einkleben; im Prinzip ist das dünnwandiges Klebeband. Man fängt 10cm vor dem Ventilloch an, klebt 2 Runden Band innen in die Felge, und endet 10cm nach dem Ventilloch.
- Mit einem spitzen Gegenstand das Felgenband am Ventilloch von innen nach außen durchstechen; Tubeless-Ventil von innen ins Ventilloch stecken; aussen Überwurfmutter auf Ventil drehen und fest anziehen; die innen an der Felge anliegende Ventildichtung wird platt gedrückt und dichtet ab.
- Reifen an den Anlageflächen mit Seifenlauge oder Montagefluid einreiben (dann rutscht der Reifen besser in die Felgen rein; im Prinzip wie bei der PKW-Reifenmontage)
- Reifen mit einer Seite auf die Felge ziehen.
- Jetzt kommt das Spannende:
- Tubeless-Flüssigkeit in der für die Reifengrösse richtigen Menge in den Reifen gießen; Reifen vorsichtig mit der zweiten Seite auf die Felge ziehen; das geht ohne einen Tropfen von der Tubeless-Suppe zu verlieren; es geht aber auch mit einer Riesensauerei; hängt etwas von den Fähigkeiten des Monteurs ab
- Laufrad möglichst mit Kompressor aufpumpen; Kompressor deswegen, weil es schnell gehen muss. Anfangs ist der Reifen noch nicht dicht. Also mit Kompressor (oder mit grosser Standpumpe; oder an der Tankstelle) aufpumpen bis es knallt. Das Knallen ist der Hinweis, dass der Reifen überall an der Felge anliegt. Ggf auch mal ein halbes Bar höheren Druck reinpumpen.
- Danach das Rad schütteln und drehen, damit sich die Tubelessmilch innen überall verteilt. Am Besten dann direkt eine Runde fahren.
- Kleine Leckagen schliessen sich nach kurzer Zeit.
- Und dann hat man viele Monate Ruhe. Keinen Platten mehr. Ab und zu Luftdruck kontrollieren und ggf nachpumpen. Je nach nach Saison und gefahrenen Kilometern muss man irgendwann Milch nachfüllen. Wenn man am Rad dreht und es nicht mehr gluckert, wird es Zeit zum nachfüllen.
- Wer sich nicht vorstellen kann, wie das System funktioniert. Es gibt viele Videos dazu im Netz. Der ultimative Test: Stecht mal mit einem Nagel in den Reifen. Richtig feste durch. Oder bohrt ein Loch mit einem 2mm Bohrer. Da pfeift dann natürlich erst einmal Luft raus. Aber nur kurz. Denn das Loch wird von innen durch die Milch verschlossen. Das funktioniert wirklich. Das einzige was nicht funktioniert ist, wenn man sich auf dem Trail einen grossen Riss einfängt. Aber das passiert ja nicht wirklich oft. Und irgendwo sind halt Grenzen.
- Es gibt noch ein paar Tricks, wie man sich bei grossen Löchern verhalten kann. Führt hier zu weit. Wenn jemand Fragen hat, dann meldet euch gerne.
- Zum Schluss noch zwei Antworten auf die Frage nach dem Warum:
- Erstens hat man bei meist reduziertem Gesamtgewicht eine sehr hohe Pannensicherheit.
- Und Zweitens kann man mit deutlich geringerem Luftdruck fahren. Den absoluten Wert kann ich natürlich nicht nennen, weil der von vielen Faktoren (Fahrergewicht, Reifengrösse, Fahrstil) abhängt. Aber halt deutlich weniger. Und das führt im Gelände zur wesentlich mehr Grip ohne die Gefahr von Snakebites.
Wenn das zu viel Gedöns ist mit der Tubelessmilch, der sollte sich mal den orangen Tubolito ansehen. Sehr leichter Schlauch aus speziellem Material. Sehr leicht und ziemlich unkaputtbar. Schafft auch einen Super-Pannensicherheit. Nur die Sache mit dem geringen Luftdruck klappt da nicht so wie bei Tubeless. Ein ähnliches Schlauchsystem eines anderen Herstellers heißt Aerothan.
By the way: Sicherheitshalber habe ich trotz Tubeless immer einen Schlauch dabei. Nur für den Fall des Falles. Der aber bislang nicht kam. Ist übrigens ein Tubolito, weil der so superklein ist und in die kleinste Satteltasche passt.